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Irrationale Abneigung: Wenn die Regeln der Physik einfach nicht mehr gelten: Ich hasse Glatteis!

Glatteis ist, wenn der Fünf-Minuten-Weg zur Bahn plötzlich eine Viertelstunde dauert, weil man im Zeitlupentempo im Zickzack um Eispfützen schleichen muss … Unsere Autorin verabscheut winterliches Glatteis aus vollstem Herzen.

Wenn ihr in den nächsten Tagen jemanden seht, der angestrengt auf den Boden starrt, sehr langsam einen Fuß vor den anderen setzt und seltsame Schlangenlinien um winzige Eispfützen läuft – die Chance ist gar nicht so gering, dass ich das bin. Es ist Winter, sogar in Hamburg, und ich hasse Glatteis. Ich meine: Niemand mag Glatteis. Aber ich hasse Glatteis.

Was soll der Quatsch? Auf einmal gelten alle Gesetze der Physik nicht mehr. Das Konzept Fuß -> Boden = Haftung ist dahin, selbst der Weg zum Budni um die Ecke wird zur potenziellen Gefahr für Leib und Leben. Zumindest stelle ich mir das so vor.

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Ja, ich hab mich als Kind gelegentlich im Winter auf die Nase gelegt, aber mir ist dabei nie etwas Ernstes passiert. Es gibt keinen rationalen Grund für meine Eis-Phobie. Ich hab mir in meinem ganzen Leben noch nie etwas gebrochen – außer meinen kleinen Zeh, aber daran war ein überraschend im Flur stehender Bierkasten schuld. Nicht das Wetter. Und gegen Bier habe ich deshalb keine irrationale Abneigung entwickelt, was hat mir also das Eis getan?

Glatteis: Die Gesetze der Physik werden ausgehebelt

Es ist dieses ätzende Umkehren aller bekannten Regeln. Plötzlich dauert der Weg zur U-Bahn statt fünf Minuten eine Viertelstunde, weil ich extravorsichtig vor mich hin tapsen muss. Wenn es ganz schlimm kommt, drängt meine Furcht mich, alternative Routen zu finden, die noch länger und komplizierter sind – dafür aber geräumt und gestreut. Und wenn irgendwie möglich, verlasse ich bei fieser Glätte erst gar nicht das Haus. Das schont die Nerven.

Ich fand immer schon gut, mit beiden Beinen fest auf dem Boden zu stehen. Ganz wortwörtlich. Deshalb dauerte meine Begeisterung für Skateboards auch nur so lange, bis ich zum ersten Mal auf einem stand. Skifahren ging bei mir, zum Leidwesen meiner Eltern, auch nie über einen kläglichen Versuch hinaus. Und Schlittschuhfahren – Leute, hört mir auf. So romantisch es aussieht, wenn die Pärchen vorm New Yorker Rockefeller Center ihre Pirouetten drehen, mit mir wird das nix. Traurig, aber wahr. Man kann ja zum Beispiel auch bei Sonnenschein durch Tierparks spazieren. Viel besser. Wieso spazieren nicht viel mehr Pärchen durch Tierparks?

Party? Schmarty!

Ich erinnere mich an einen Abend vor einigen Jahren, als mein Freund und ich abends zu einer Party wollten. Problem: Es hatte gerade richtig schönen überfrierenden Regen gegeben und der Weg führte uns eine steil abfallende Straße mit Kopfsteinpflaster hinunter. Die Killer-Kombi. Mein Freund überredete mich nach allen Regeln der Kunst, ein paar Meter mit ihm zu gehen. Er hat das sehr gut gemacht und zumindest versucht, Verständnis zu heucheln. Aber alles in mir sträubte sich heftigst dagegen.

Warum ich Telefonieren so hasse_20.30

Und dann doch die Erkenntnis, dass ich auf keinen Fall heil diese Straße hinunterkommen würde – und später erst recht nicht wieder hinauf. Ich wünschte ihm einen schönen Abend und drehte um, kläglich mit weichen Knien die fünf Meter zurück zur Gartenpforte schlitternd. Wegen Glatteis auf Partys verzichten – jupp, that’s me. Er hat es selbstverständlich völlig unbeschadet hin und auch wieder heim geschafft.

Das ist doch nicht zeitgemäß!

Auch wenn ich das gern behaupte – wahrscheinlich geht es bei meiner Glatteisfurcht nicht um die tatsächliche Angst, mir eine Querschnittslähmung zuzuziehen oder alle Knochen meines Körpers zu brechen. Es geht um Würde und Zivilisation. Im Deutschland des 21. Jahrhunderts sollte sich doch niemand mehr lang hinlegen müssen, oder? Wegen sowas Lächerlichem wie Wetter!

Wo kommen wir denn da hin? Was sollen denn die anderen Passanten denken? Da kommt einem doch sämtliche Selbstachtung in einem Rutsch (ha ha!) abhanden. Niemand respektiert jemanden, der sich gerade vor dir, Popo zuerst, in eine glibschige Schneematschpfütze gesetzt hat. Das ist mir noch nie passiert, aber allein die Vorstellung sorgt bei mir für Gänsehaut an der Mageninnenseite. Ich will das nicht!

Zum Glück gibt’s in Hamburg nicht allzu oft fiese Minusgrade. Aber falls hier jemand Interesse an einer Selbsthilfegruppe hat, die an jedem Glatteissonntag Spaziergänge im Superschneckentempo unternimmt und sich dabei die verschwitzten Händchen hält – sagt Bescheid. Ich trete bei.

Dieser Text erschien estmals 2019 auf NEON.de