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Potsdam: Die EU finanzierte es, die ARD filmte dort: Das Gästehaus am Lehnitzsee und seine Betreiberin mit Rechtsdrall

In einer Hotel-Villa in Potsdam sprachen Rechtsextremisten über die massenhafte Vertreibung von Menschen aus Deutschland. Die Geschäftsführerin des Hauses weist jede Verbindung zu Neonazis von sich – Recherchen zeichnen jedoch ein anderes Bild.

Das Hotel möchte etwas klarstellen: „Aufgrund der aktuellen Pressemitteilungen möchten wir Sie darauf hinweisen, dass wir uns von den darin enthaltenen Meldungen distanzieren“, schreibt das Gästehaus am Lehnitzsee im historischen Landhaus Adlon auf seiner Homepage. „Wir sind nicht verantwortlich für die Inhalte von Veranstaltungen unserer Kunden und kennen diese im Vorfeld auch nicht.“

Die Luxusherberge im Norden Potsdams ist am Dienstag bundesweit in die Schlagzeilen geraten: Laut Recherchen von „Correctiv“ war sie Ende November Schauplatz eines konspirativen Treffens mehrerer bekannter Neonazis, vermögender Geschäftsleute, einflussreicher AfD-Funktionäre und Mitglieder der Werteunion. In den Räumen sei über Ungeheuerliches gesprochen worden: über einen Plan zur massenhaften Deportation von Menschen aus Deutschland. Von Ausländern, Unterstützern von Flüchtlingen, Bürgern mit Migrationsgeschichte, kurzum: Millionen Menschen, die nicht in das rassistische Weltbild oder die Ideologie der extrem Rechten passen (der stern berichtete). Die Recherche hat die Diskussion über die Verfassungsfeindlichkeit der AfD und ein mögliches Verbotsverfahren neu entfacht.

EU finanzierte mit, ARD drehte Serie

Das Flair des Hotels aus der Weimarer Republik ist auf makabre Weise stimmig für solche Pläne. „Das Landhaus vereinigt eher konservative Elemente des Neobarock mit expressionistischen Raumentwürfen“, heißt es in der Selbstbeschreibung. „Wir bringen Potsdam das Ambiente der 20er Jahre zurück.“ Szenen für die ARD-Erfolgsserie „Babylon Berlin“ wurden in dem Hotel gedreht.

AfD-Treffen andere Parteien6.59

Aber kann es wirklich sein, dass die Verantwortlichen nicht mitbekommen haben, welches Stück Ende November in ihren Räumen aufgeführt wurde? Daran kann man erhebliche Zweifel hegen. Das Haus gilt seit Langem als Treff der extremen Rechten. „Die gesamte Prominenz der AfD Brandenburg war hier Stammgast“, zitierte der „Tagesspiegel“ einen Insider aus dem Umfeld der Villa. Demnach ist in den vergangenen Jahren das Who’s who der neurechten Szene im Gästehaus am Lehnitzsee ein- und ausgegangen, darunter das Gesicht der Identitären Bewegung, Martin Sellner, der Vordenker der Völkischen in der AfD, Götz Kubitschek, Jürgen Elsässer, Herausgeber des rechtsextremen „Compact“-Magazins, der frühere Landeschef der Brandenburg-AfD, Andreas Kalbitz, und etliche andere Politiker der Partei. Der Jugendverband Junge Alternative soll ein Sommerfest in der Villa am Lehnitzsee gefeiert haben. Auch die „Zeit“ weiß von Treffen Rechtsextremer in dem Hotel.

Hausherrin Mathilda Huss will sich auf Anfrage der „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ nicht zu ihren angeblichen Gästen äußern. „Wir legen großen Wert auf die Privatsphäre unserer Gäste und möchten betonen, dass wir uns stets um Diskretion bemühen“, heißt es offiziell auf der Hotel-Homepage, Ehrensache in Häusern dieser Kategorie.

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Geschäftsfrau Huss hatte das Anwesen 2011 gemeinsam mit ihrem damaligen Lebenspartner Wilhelm Wilderink gekauft und anschließend saniert. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg begleitete das Vorhaben in der Dokureihe „Mein Traumhaus mit Geschichte“. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Das Landhaus Adlon erwachte aus dem Dornröschenschlaf. Das Paar konnte sich feiern lassen für seine Arbeit. Das Land Brandenburg unterstützte das Vorhaben mit Geldern des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung.

Neben dem Faible für feudale Immobilien hat Huss mutmaßlich noch andere Interessen. Die „Zeit“ berichtete 2023, sie sei „eng in der rechtsextremen Szene vernetzt“ und unterstütze seit Jahren den dänischen Neonazi Emil Kirkegaard. Mehrere Fotos zeigen sie in vertrauter Atmosphäre mit Maximiliam Krah, dem AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, der unter anderem wegen fremdenfeindlicher und völkisch-nationalistischer Aussagen im Fokus des Verfassungsschutzes steht. Auch gibt es Medienberichten zufolge Hinweise, dass Huss aus einem zweiten Immobilienprojekt in Sachsen ebenfalls einen Treffpunkt der rechten Szene machen will. „Die Zeit“ recherchierte weiter über Huss: „So soll sie in den vergangenen Jahren als Gast in rechten Videokanälen aufgetreten sein – doch immer verdeckt und stets nicht erkennbar als Person im Schatten oder gleich ganz verpixelt.“ Huss dementierte die Auftritte. 

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Huss‘ Co-Gastgeber Wilhelm Wilderink, Kommunalpolitiker der Potsdamer CDU, erklärte der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ nach der Veröffentlichung des „Correctiv“-Berichts: „Wir haben alle AfD-Veranstaltungen und alle Veranstaltungen von Organisationen, die als verfassungsfeindlich eingestuft sind, vertraglich ausgeschlossen. Das steht so im Mietvertrag. Wir haben zum Beispiel ein großes Sommerfest der AfD abgelehnt.“ Überdies habe man als Betreiber nicht die Möglichkeit, bei Vermietungen im Vorfeld die Gästeliste zu kontrollieren. „Das ist in keinem Hotel üblich.“ Gebucht habe ein Privatmann. Wilderink verwies darauf, dass weder Geschäftsführerin Huss noch er als Eigentümer der Immobilie in das Tagesgeschäft involviert seien, zwei Manager führten das Hotel. 

Potsdams OB nach AfD-Treffen alarmiert

Und auch mit den im November auf dem Treffen verbreiteten Ideen will Wilderink nichts zu tun haben. „Ich bin Mitglied des CDU-Kreisvorstands und verwahre mich gegen jede Form von Thesen, die die Würde des Menschen infrage stellen“, zitierte ihn die Zeitung weiter. Er befürworte lediglich die Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern – analog der aktuellen Parteilinie der Bundes-CDU, so Wilderink. Er könne sich nicht vorstellen, dass in seiner Villa am Lehnitzsee über die massenhafte Vertreibung von Menschen aus Deutschland gesprochen wurde. Zu den politischen Ansichten seiner Ex-Partnerin wollte er sich nicht äußern.

Deutlich wurde hingegen Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert. „Treffen, Gespräche, Konferenzen mit dem Ziel ‚ethnischer Säuberungen‘ gab es schon einmal – nicht weit entfernt“, verwies der SPD-Politiker auf das Haus der Wannseekonferenz, keine acht Kilometer östlich vom Landhaus Adlon, wo 1942 die Organisation des Holocaust besprochen wurde. „In Potsdam ist kein Raum für konspirative Netzwerktreffen, in denen antidemokratische, rassistische Ideen ausgebrütet werden. Potsdam darf und wird nicht in Verbindung stehen mit menschenverachtenden Gewaltfantasien.“ Schubert kündigte entschiedenen Widerstand gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen an: „Wir haben es hier mit Staatsfeinden zu tun, die hier in unserer Stadt den Umsturz unseres Landes planen wollen. Dem stellen wir uns als Stadtgesellschaft entgegen.“

Quellen:„Correctiv“,Gästehaus am Lehnitzsee im historischen Landhaus Adlon, „Tagesspiegel / Potsdamer Neueste Nachrichten“, „Zeit“, „Mein Traumhaus mit Geschichte“, CDU Potsdam, „Märkische Allgemeine Zeitung“